H.W. Henze “7 Boleros”
Zur Arbeit zu Hans Werner Henze:
7 Boleros für großes Orchester, 2000, 2.20 x8 m, Rebasche, Tylose, Lippenstift/ grundierte LW
Nach Jahren des Arbeitens in Begrenzung
- a) auf den Körperblock im Ggs. zur ganzen Figur und
- b) immer wiederkehrend auf das Papierformat 70 x 100 (das dem Körper eine Beugehaltung, Hock- oder Embryonalstellung abverlangt-)
wollte ich mich an eine – im doppelten Sinn- raumgreifende Arbeit machen; an die Eroberung des „Raumes, den ich für mich beanspruche“, an das Raumeinnehmen, das ich im spanischen Flamenco begonnen hatte, kennenzulernen – mit einer Ahnung, Vision seiner Dimensionen, seiner Existenzialität!
Fast immer war vorher Bewegung über die (Bild)fläche in eine statische Bildfigur gemündet; jetzt wollte ich von der Bewegung selbst etwas zeigen, Spuren davon mit ins Bild nehmen; auch auf Kosten der Erkennbarkeit, ja der Form selbst – zuungunsten der ganz durchdachten ruhenden eine deutlich bewegte Form offeneren Charakters; Dokument einer nur für einen Zeitbruchteil eingenommenen Haltung.
Ich saß in der Erstaufführung der (Venus und Adonis, EA 1997) „7 Boleros für großes Orchester „ von Hans-Werner Henze und fand: die sich mir aufdrängenden Haltungen der Figuren; hervorgebracht durch die Musik und die Bezeichnungen der einzelnen Sätze:
Die Jähzornige,
Der Lobpreis,
Die Erwartung,
Der königliche Pfau,
Der Hochmut, Schmerz,
Der grosse Schritt der arabischen Königin.
Hans- Werner Henze schreibt zu seinen sieben Boleros: „Maurice Ravel war Baske und schrieb sehr schöne Wiener Walzer. Mozart war aus dem bayrischen Augsburg und schrieb italienische Arien. Strawinsky war Petersburger und machte norwegische Stimmungsbilder, der weiße Gershwin erfand die schönsten schwarzen Spirituals, und so weiter. Schon in der Barockzeit interessierten sich Komponisten aller Länder für die Phänomene der Spanischen Folklore, die Rhythmen, die harmonischen Vorgänge und die daraus hervorgehehende Melodik und auch für die kulturgeschichtlichen Hintergründe, vor denen die magischen Gestalten dieser zeitlosen Musik existieren…
…ich bereitete mich also in all diesen Jahren langsam vor auf die sieben Boleros, die ganz zitatenfrei meiner Feder entsprungen und in meinen Augen und Ohren ganz und gar spanische Musik sind oder besser; so wie ich mir das Spanische in der Kunst vorstelle. Man möge mir verzeihen.“ Maurice Ravel.
2 Jahre vorher hatte ich das für mich „Spanische in der Kunst“ gesehen: Im Museo d`arte Contemporario Barcelona; in der umfassenden Werkschau Miguel Barcelos.
Mein Wissen um diesen spanischen Tanz; seine Wurzeln wie seine hohe Schule der Gesten, Finger- Kopf-, Körperhaltung bis zu Schritt- und Taktfolgen floß in diese Arbeit. Eigentlich mutet sie an wie ein Schlachtengemälde: Existenzkampf, das Erobern des Raumes, der mir gehört…
Der erste Satz: „die Jähzornige“ – ist ganz gekrümmt um ihre geballte Faust.Die letzte Figur zum Satz: „der große Schritt der arabischen Königin“: Selbst beginnende Koketterie – wenn sie hier vorkommt – wird ganz an den Rand gedrängt. Eines ist fast überdeckt, verborgen – der Schmerz
Renate Gross




